Sie fragen sich sicher, ob eine kieferorthopädische Behandlung bei Ihrem Kind erst im Jugendalter – wenn die bleibenden Zähne durchgebrochen sind – sinnvoll ist. Tatsächlich ist jedoch die Entwicklung von Zähnen, Kiefern und Muskulatur schon im Kindesalter unbedingt zu beachten.
Bereits im Kindergarten– oder frühen Grundschulalter können wir Weichen stellen für ein gesundes, funktionelles Gebiss. Frühzeitige kieferorthopädische Massnahmen können Fehlentwicklungen vorbeugen oder abmildern und tragen zu einer harmonischen Gesichtsentwicklung Ihres Kindes bei.
Warum frühe Kieferorthopädie wichtig ist
Im Alter von drei bis acht Jahren wächst der Kiefer besonders stark. Gleichzeitig prägen Gewohnheiten wie Saugen am Daumen, ein individuelles Schluckmuster oder eine überwiegende Mundatmung die Entwicklung von Kiefern, Zähnen und Gesichtsmuskulatur.
Eine frühe kieferorthopädische Begleitung bedeutet nicht automatisch, dass Ihre Kinder schon feste Zahnspangen bekommen. Vielmehr geht es darum, natürliche Entwicklungsprozesse zu unterstützen, ungünstige Angewohnheiten zu korrigieren und die Muskulatur zu trainieren.
Funktionseinstellung – Training für Zunge und Muskeln
Ein zentraler Baustein der frühen Behandlung ist die Funktionseinstellung. Sie richtet den Blick auf das Zusammenspiel von Zunge, Lippen, Wangen und Kaumuskeln.
Eine veränderte Zungenlage – etwa beim Schlucken gegen die Vorderzähne – kann langfristig dazu führen, dass sich die Schneidezähne nach vorne schieben oder der Biss offen bleibt.
Durch gezielte Übungen lernen Kinder:
- die Zunge in Ruhestellung an den Gaumen zu legen,
- das richtige Schluckmuster zu erlernen,
- die Lippen sanft geschlossen zu halten,
- über die Nase zu atmen.
Solche scheinbar kleinen Veränderungen haben einen grossen Einfluss: Das Gleichgewicht zwischen Muskulatur und Zahnstellung stabilisiert sich, das Kieferwachstum kann sich natürlicher entfalten.
Spielerische Übungen für den Alltag
Wir haben eigens für diese Therapie einen Behandlungsraum in unserer Praxis Eglizahnmedizin St. Gallen installiert, in dem Übungen altersgerecht und spielerisch vermittelt werden, damit Ihre Kinder Freude daran haben und es nachmachen möchten.
Die Übungen lassen sich gut in den Alltag einbauen und sind besonders effektiv, wenn Sie Ihre Kinder regelmässig begleiten und motivieren.
Kieferorthopädische Geräte im frühen Alter
Neben der myofunktionellen Therapie gibt es sanfte kieferorthopädische Geräte, die Kinder im Vorschul- oder Grundschulalter tragen können. Dazu gehören:
- Trainer-Systeme: weiche Schienen aus Silikon, die Zunge und Lippen in die richtige Position führen und zugleich Zahnfehlstellungen vorbeugen.
- Frühbehandlungs-Spangen: herausnehmbare Apparaturen, die Platz für bleibende Zähne schaffen oder Kreuzbisse korrigieren.
Diese Geräte sind meist angenehm zu tragen, weil sie nur stundenweise eingesetzt werden müssen – etwa nachmittags oder nachts.
Der ganzheitliche Blick
Eine erfolgreiche frühe Behandlung berücksichtigt auch andere Faktoren:
- Atmung: Chronische Mundatmung durch vergrösserte Mandeln oder Polypen sollte ärztlich abgeklärt werden.
- Sprachentwicklung: Enge Zusammenarbeit mit Logopäden ist sinnvoll, wenn Sprachfehler durch falsche Zungenlage entstehen.
- Ernährung und Kauen: Feste, abwechslungsreiche Nahrung unterstützt die natürliche Kieferentwicklung.
So entsteht ein ganzheitliches Konzept, das nicht nur auf die Zähne schaut, sondern auf das gesamte Zusammenspiel von Körperfunktionen.
Nicht vergessen, frühzeitig die Weichen zu stellen
Eine frühe kieferorthopädische Behandlung bedeutet nicht „früher mit Zahnspange anfangen“, sondern Entwicklung bewusst begleiten. Mit einfachen Übungen, myofunktioneller Therapie und kindgerechten Geräten lassen sich Fehlentwicklungen verhindern und die Voraussetzungen für ein gesundes, stabiles Gebiss schaffen.
Unser Eltern-Tipp: Achten Sie bitte auf Anzeichen wie häufige Mundatmung, offener Biss, Daumenlutschen oder undeutliche Sprache. Sprechen Sie unser Team frühzeitig an – oft reicht schon eine kleine Unterstützung, um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.